| 1 | II. Klassische Abgrenzung innerhalb des Art. 5 I GG |
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| 3 | Zunächst kann man den Art. 5 I GG unterteilen in |
| 4 | Gewährleistungen der Individualkommunikation, Art. 5 I 1 GG, |
| 5 | und Gewährleistungen der Massenkommunikation, Art. 5 I 2 GG. |
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| 7 | 1. Abgrenzung innerhalb der Individualkommunikation |
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| 9 | Die Meinungsfreiheit und die Informationsfreiheit schützen |
| 10 | die Individualkommunikation, also die Kommunikationsinhalte, |
| 11 | die an eine bestimmte Anzahl an Adressaten gerichtet sind. |
| 12 | Beide Freiheiten lassen sich wie folgt voneinander |
| 13 | abgrenzen: Während die Meinungsfreiheit darauf gerichtet |
| 14 | ist, eine Meinung zu äußern und zu verbreiten, zielt die |
| 15 | Informationsfreiheit gerade darauf, sich eine eigene Meinung |
| 16 | frei zu bilden, indem der freie Zugang zur |
| 17 | Informationsbeschaffung gewährleistet wird. |
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| 19 | 2. Abgrenzung zwischen Individualkommunikation und |
| 20 | Massenkommunikation |
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| 22 | Eine Abgrenzung zwischen den Gewährleistungen der |
| 23 | Massenkommunikation und der Individualkommunikation ist |
| 24 | unter anderem aufgrund des unterschiedlich weiten |
| 25 | Schutzbereichs und der unterschiedlichen Bedeutung dieser |
| 26 | beiden Kommunikationsarten von Bedeutung. [ Vgl.: Koreng, |
| 27 | Ansgar: Zensur im Internet. Der verfassungsrechtliche Schutz |
| 28 | der digitalen Massenkommunikation. 2010, S. 40 f. |
| 29 | ] Massenkommunikation ist die Kommunikation, die an eine |
| 30 | unbestimmte Vielzahl von Personen gerichtet ist, wohingegen |
| 31 | Individualkommunikation vorliegt, wenn die Inhalte an eine |
| 32 | bestimmte Anzahl von Personen gerichtet sind. Die |
| 33 | klassischen Massenmedien sind, wie in Art. 5 I 2 GG genannt, |
| 34 | Presse, Rundfunk und Film. Früher war die Veranstaltung von |
| 35 | Massenkommunikation das Privileg weniger finanzstarker |
| 36 | Unternehmen, da hohe Kosten und hoher zeitlicher Aufwand |
| 37 | damit einhergingen. Dem Einzelnen hingegen blieb es |
| 38 | verwehrt, an der Massenkommunikation mitzuwirken. |
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| 40 | 3. Abgrenzung zwischen Meinungsfreiheit und Pressefreiheit |
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| 42 | Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat zu dem Verhältnis |
| 43 | von Meinungsfreiheit und Pressefreiheit im Zusammenhang mit |
| 44 | der Wortberichterstattung festgestellt, dass die |
| 45 | Pressefreiheit kein lex specialis ist, sondern eine über die |
| 46 | Zulässigkeit einer Meinungsäußerung hinausgehende Bedeutung |
| 47 | hat: [Vgl.: BVerfGE 85, 1 (11) – Bayer-Aktionäre.]die |
| 48 | Bedeutung der Presse für die freie individuelle und |
| 49 | öffentliche Meinungsbildung. [ Vgl.: BVerfGE 85, 1 (12).] |
| 50 | Vielmehr ist der Schutzbereich der Pressefreiheit |
| 51 | einschlägig, „wenn es um die im Pressewesen tätigen Personen |
| 52 | in Ausübung ihrer Funktion, um ein Presseerzeugnis selbst, |
| 53 | um seine institutionell-organisatorischen Voraussetzungen |
| 54 | und Rahmenbedingungen sowie um die Institution einer freien |
| 55 | Presse überhaupt geht“. [Zit. nach: BVerfGE 85, 1 (13).] |
| 56 | Geht es um die Zulässigkeit einer Meinungsäußerung, |
| 57 | unabhängig davon, ob die Verbreitung in einem |
| 58 | Presseerzeugnis erfolgt, ist die Meinungsfreiheit |
| 59 | einschlägig. [Vgl.: BVerfGE 85, 1 (13).] Hinsichtlich der |
| 60 | Wortberichterstattung wendet das BVerfG die im sogenannten |
| 61 | Bayer-Beschluss aufgestellten Grundsätze an. [ Vgl.: BVerfGE |
| 62 | 95, 28 (34); 97, 391 (400).] Im Gegensatz dazu wendet das |
| 63 | BVerfG jedoch bei der Bildberichterstattung Art. 5 I 2 GG |
| 64 | (Pressefreiheit) an, auch wenn es um die Zulässigkeit der im |
| 65 | Bild enthaltenen Meinungsäußerung geht. [ Vgl.: BVerfGE 101, |
| 66 | 361 (388 ff.).] |
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| 68 | 4. Abgrenzung zwischen Meinungsfreiheit und Rundfunkfreiheit |
| 69 | |
| 70 | Hinsichtlich des Verhältnisses der Meinungsfreiheit und der |
| 71 | Rundfunkfreiheit hat das BVerfG sich noch nicht geäußert. |
| 72 | Das BVerfG wendet jedoch ohne Bezug auf die |
| 73 | Bayer-Rechtsprechung zu nehmen Art. 5 I 2 GG |
| 74 | (Rundfunkfreiheit) an, auch wenn es um die Zulässigkeit |
| 75 | einer im Rundfunk verbreiteten Meinung geht. [Vgl.: BVerfGE |
| 76 | 35, 202 (219).]Es kann jedoch in Anbetracht der Tatsache, |
| 77 | dass sowohl Rundfunk als auch Presse Massenmedien sind, |
| 78 | nichts anderes gelten. [ Vgl.: Schulz, Wolfgang: CR 2008, |
| 79 | 470 (472).] Mithin ist auch die Rundfunkfreiheit kein lex |
| 80 | specialis zur Meinungsfreiheit. Vielmehr geht die Bedeutung |
| 81 | der Rundfunkfreiheit über die Zulässigkeit der einzelnen |
| 82 | Meinung hinaus. Schützenswert ist die Bedeutung des |
| 83 | Rundfunks für die freie individuelle und öffentliche |
| 84 | Meinungsbildung. Somit ist der Schutzbereich der |
| 85 | Rundfunkfreiheit einschlägig, wenn es um die Gewährleistung |
| 86 | der massenkommunikativen Vermittlungsleistung geht. [ Vgl.: |
| 87 | Schemmer, Franz in: Epping, Volker / Hillgruber, Christian |
| 88 | (Hrsg.): Beck'scher Online-Kommentar GG, Art. 5 I GG, Rn |
| 89 | 56.] |
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| 91 | 5. Abgrenzung zwischen Informationsfreiheit und |
| 92 | Pressefreiheit bzw. Rundfunkfreiheit |
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| 94 | Der Schutz der Pressefreiheit und der Rundfunkfreiheit |
| 95 | umfasst auch die Informationsbeschaffung. Dies gilt jedoch |
| 96 | nur für Informationen aus nicht-öffentlichen Quellen. Für |
| 97 | die Informationsbeschaffung aus öffentlich zugänglichen |
| 98 | Quellen ist auch für die Presse und für den Rundfunk die |
| 99 | Informationsfreiheit einschlägig. [Vgl.: BVerfGE 103, 44 |
| 100 | (59).] Denn die Gewährleistungen der Massenkommunikation |
| 101 | sind kein lex specialis im Verhältnis zur |
| 102 | Informationsfreiheit. |
| 103 | |
| 104 | 6. Klassische Abgrenzung innerhalb der Massenkommunikation |
| 105 | Abgrenzung zwischen Presse und Rundfunk |
| 106 | |
| 107 | Innerhalb der Gewährleistungen der Massenkommunikation ist |
| 108 | die Pressefreiheit von der Rundfunkfreiheit abzugrenzen. |
| 109 | Klassischerweise wurde diese anhand der Verbreitungsform |
| 110 | vorgenommen. Bei elektromagnetischer Verbreitung von |
| 111 | Kommunikationsinhalten an die Allgemeinheit handelt es sich |
| 112 | um Rundfunk, bei gegenständlicher Verbreitung dagegen um |
| 113 | Presse. [ Vgl.: Schemmer, Franz in: Epping, Volker / |
| 114 | Hillgruber, Christian (Hrsg.): Beck'scher Online-Kommentar |
| 115 | GG, Art. 5 I GG, Rn 67.] Während also die klassische |
| 116 | Pressetätigkeit durch verkörperte Texte und Bilder geprägt |
| 117 | ist, sind dies beim Rundfunk das bewegte Bild und/oder der |
| 118 | Ton. (Zu den aktuellen Abgrenzungsproblemen siehe auch |
| 119 | Kapitel VI. 1.) |
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01.01.01.01 Anwendung der Kommunikationsgrundrechte auf Internetkommunikation, Lücken, Einordnungsschwierigkeiten - TEIL 2 (Originalversion)
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