Papier: 04.01 TEXTWERKSTATT: Kunst digital - Bestandsaufnahme
Version: "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner digitalen Reproduzierbarkeit"
1 | Kontrollverlust und Demokratisierung |
2 | |
3 | Wie allen mit Sorge geführten Diskussionen Veränderungen |
4 | betreffend, wohnt auch dem öffentlichen Diskurs um das Thema |
5 | Kunst und Netz eine grundlegende Angst inne. Diese Angst |
6 | lässt sich in diesem Kontext wohl am ehesten als Ausdruck |
7 | eines Kontrollbedürfnisses verstehen. Dieser Wunsch nach |
8 | Kontrolle seitens der Produzenten ist verständlich, hat doch |
9 | jedes künstlerische Produkt eine mindestens doppelte |
10 | Wertigkeit: die wirtschaftliche und die persönliche, fast |
11 | magische, die die besondere Beziehung von Produzenten und |
12 | Produkt im Kreativsektor ausmacht. Diese Angst herrscht im |
13 | Kunstbetrieb schon seit Menschen gedenken und findet im |
14 | Zeitalter der digitalen Reproduktion lediglich ihre |
15 | qualitative und quantitative Perfektion. Eine weitere |
16 | Ausführung wäre an dieser Stelle deshalb überflüssig. |
17 | Erstaunliche Querdenker wie der französische Fotograf Jules |
18 | Joly hatten mit den frühesten Reproduktionstechniken – denen |
19 | der jungen Fotografie – etwas ganz anderes als Diebstahl |
20 | geistigen Eigentums vor. Jules Joly strebte einen |
21 | Allgemeinbildungsprozess für größere Teile der Gesellschaft |
22 | an; durch die Bebilderung der Welt sollte Kunst und Wissen |
23 | im Volk verbreitet werden. ( vgl. S.95 in „Meisterwerke der |
24 | Fotografie“,Bernd Stiegler und Felix Thürlemann). |
25 | |
26 | |
27 | Der digitale Rückkopplungseffekt |
28 | |
29 | Kunst kann sich – zumindest nach vergangenem und aktuellem |
30 | Kunstverständnis – nicht vom Begriff der Exklusivität lösen. |
31 | Weder Andy Warhols „Factory“ noch die Künstler des „fluxus“ |
32 | vermochten dies im Grunde zu ändern. Walter Benjamin |
33 | postuliert in seinem Buch „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner |
34 | technischen Reproduzierbarkeit“ zwar, dass durch eben diese |
35 | Reproduzierbarkeit die „Aura“ verloren ginge, aber die |
36 | Erfahrung des Kunstkonsums im letzten Jahrhundert zeigt, |
37 | dass die Reproduzierbarkeit den Reiz des Erlebens nicht zu |
38 | schmälern vermögen. Ebenso gilt dies für die digitale |
39 | Reproduktion. Sofern das Kunstwerk nicht für die |
40 | Präsentation auf einem Bildschirmmedium gedacht ist, wird |
41 | das digitale Abbild eben immer nur ein Vorgeschmack bleiben. |
42 | Warum also nicht die Möglichkeit nutzen, alle Kunst so gut |
43 | wie möglich im Internet zu präsentieren, um die Augen und |
44 | den Geist „hungrig“ zu machen? Die Möglichkeiten der |
45 | digitalen Teilhabe können an dieser Stelle überhaupt nicht |
46 | überschätzt werden. "Das Kunstwerk selber muss – ohne |
47 | Antastung seines ihm innewohnenden (!) ästhetischen Werts – |
48 | beliebig oft und ohne Qualitätsverlust kopierbar sein. Dies |
49 | ist beispielsweise bei einem Gemälde nicht gegeben. Hier ist |
50 | lediglich das digitale Abbild massenweise verfügbar [ … ]. |
51 | Das Buch an sich – als Ausdruck und Bindung verstanden – ist |
52 | wiederum nicht der ästhetische Wert des Kunstwerks. Die |
53 | reine Erzählung ist es, der Rest ist einfach ein haptischer |
54 | Leckerbissen." ( Quelle: |
55 | http://medienkulturblog.de/2009-04-18-das-kunstwerk-im-zeita |
56 | lter-seiner-digitalen-reproduzierbarkeit/ ) Wie sonst wäre |
57 | zu erklären, dass Menschen auch nach dem Lesen eines Buches |
58 | die Geschichte stets nochmal aus dem Munde des Autors hören |
59 | wollen oder das Gemälde, dass tausendfach im Internet |
60 | kursiert, dennoch im Museum angesehen wird? Die |
61 | Präsentationsform, die Darbietung der Kunst, ja das |
62 | Zelebrieren des Un-Fassbaren – hierin liegt das wirkliche |
63 | potential einer „bildenden“ Kunst. Alle vorgelagerte Replik |
64 | ist und bleibt eine Hinführung zu dem Moment, den man nicht |
65 | in Worte fassen kann. Die Chancen der digitalen Verbreitung |
66 | liegen deshalb wohl gerade darin, dass man sich auf die |
67 | „Aura“, das Besondere, die Einzigartigkeit zurückbesinnt. |
68 | Und das wiederum liegt darin begründet, dass die reine |
69 | Verfügbarkeit noch niemanden glücklich gemacht hat. Um |
70 | dieses Bewusstsein auch Flächendeckend zu schaffen, sind |
71 | Bildungsstrukturen nötig, die Raum für Kreativität und |
72 | Auseinandersetzung bieten. An dieser Stelle wäre ein |
73 | Plädoyer für kulturelle Bildung angebracht, dass ich nach |
74 | aktuellem Tageswerk allerdings nicht in angemessener Form |
75 | schreiben kann, vielleicht findet sich ja ein anderer Autor, |
76 | es würde mich freuen ;) |
Der Text verglichen mit der Originalversion
1 | |
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3 | Wie allen mit Sorge geführten Diskussionen Veränderungen |
4 | betreffend, wohnt auch dem öffentlichen Diskurs um das |
5 | Thema Kunst und Netz eine grundlegende Angst inne. Diese |
6 | Angst lässt sich in |
7 | |
8 | ehesten als Ausdruck eines Kontrollbedürfnisses verstehen. |
9 | Dieser Wunsch nach Kontrolle seitens der Produzenten ist |
10 | verständlich, hat doch jedes künstlerische Produkt eine |
11 | mindestens doppelte Wertigkeit: die wirtschaftliche und die |
12 | persönliche, fast magische, die die besondere Beziehung von |
13 | Produzenten und Produkt im Kreativsektor ausmacht. Diese |
14 | Angst herrscht im Kunstbetrieb schon seit Menschen gedenken |
15 | und findet im Zeitalter der digitalen Reproduktion |
16 | lediglich ihre qualitative und quantitative Perfektion. |
17 | Eine weitere Ausführung wäre an dieser Stelle deshalb |
18 | überflüssig. Erstaunliche Querdenker wie der französische |
19 | Fotograf Jules Joly hatten mit den frühesten |
20 | Reproduktionstechniken – denen der jungen Fotografie – |
21 | etwas ganz anderes als Diebstahl geistigen Eigentums vor. |
22 | Jules Joly strebte einen Allgemeinbildungsprozess für |
23 | größere Teile der Gesellschaft an; durch die Bebilderung |
24 | der Welt sollte Kunst und Wissen im Volk verbreitet werden. |
25 | ( vgl. S.95 in „Meisterwerke der Fotografie“,Bernd Stiegler |
26 | und Felix Thürlemann). |
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30 | digitale Rückkopplungseffekt |
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33 | und aktuellem Kunstverständnis – nicht vom Begriff der |
34 | Exklusivität lösen. Weder Andy Warhols „Factory“ noch die |
35 | Künstler des „fluxus“ vermochten dies im Grunde zu ändern. |
36 | Walter Benjamin postuliert in seinem Buch „Das Kunstwerk im |
37 | Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ zwar, dass |
38 | durch eben diese Reproduzierbarkeit die „Aura“ verloren |
39 | ginge, aber die Erfahrung des Kunstkonsums im letzten |
40 | Jahrhundert zeigt, dass die Reproduzierbarkeit den Reiz des |
41 | Erlebens nicht zu schmälern vermögen. Ebenso gilt dies für |
42 | die digitale Reproduktion. Sofern das Kunstwerk nicht für |
43 | die Präsentation auf einem Bildschirmmedium gedacht ist, |
44 | wird das digitale Abbild eben immer nur ein |
45 | |
46 | nutzen, alle Kunst so gut wie möglich im Internet zu |
47 | präsentieren, um die Augen und den Geist „hungrig“ zu |
48 | machen? Die Möglichkeiten der digitalen Teilhabe können an |
49 | dieser Stelle überhaupt nicht überschätzt werden. "Das |
50 | Kunstwerk selber muss – ohne Antastung seines ihm |
51 | innewohnenden (!) ästhetischen Werts – beliebig oft und |
52 | ohne Qualitätsverlust kopierbar sein. Dies ist |
53 | beispielsweise bei einem Gemälde nicht gegeben. Hier ist |
54 | lediglich das digitale Abbild massenweise verfügbar [ ... |
55 | ]. Das Buch an sich – als Ausdruck und Bindung verstanden – |
56 | ist wiederum nicht der ästhetische Wert des Kunstwerks. Die |
57 | reine Erzählung ist es, der Rest ist einfach ein haptischer |
58 | Leckerbissen." ( Quelle: |
59 | http://medienkulturblog.de/2009-04-18-das-kunstwerk-im-zeita |
60 | lter-seiner-digitalen-reproduzierbarkeit/ ) Wie sonst wäre |
61 | zu erklären, dass Menschen auch nach dem |
62 | |
63 | aus dem Munde des Autors hören wollen |
64 | Gemälde, dass tausendfach im Internet kursiert, dennoch im |
65 | Museum angesehen wird? Die Präsentationsform, die |
66 | Darbietung der Kunst, ja das Zelebrieren des Un-Fassbaren – |
67 | hierin liegt das wirkliche potential einer „bildenden“ |
68 | Kunst. Alle vorgelagerte Replik ist und bleibt eine |
69 | Hinführung zu dem Moment, den man nicht in Worte fassen |
70 | kann. Die Chancen der digitalen Verbreitung liegen deshalb |
71 | wohl gerade |
72 | |
73 | Besondere, die Einzigartigkeit zurückbesinnt. Und das |
74 | wiederum liegt darin begründet, dass die reine |
75 | Verfügbarkeit noch niemanden glücklich gemacht hat. Um |
76 | dieses Bewusstsein auch Flächendeckend zu schaffen, sind |
77 | Bildungsstrukturen nötig, die Raum für Kreativität und |
78 | Auseinandersetzung bieten. An dieser Stelle wäre ein |
79 | Plädoyer für kulturelle Bildung angebracht, dass ich nach |
80 | aktuellem Tageswerk allerdings nicht in angemessener Form |
81 | schreiben kann, vielleicht findet sich ja ein anderer |
82 | Autor, es würde mich freuen ;) |
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Vorschlag
Das Kunstwerk im Zeitalter seiner digitalen Reproduzierbarkeit
Dieser Vorschlag wurde per E-Mail von Thomas Blank eingereicht.